Das Jahrhunderthochwasser walzt sich Mitte Juli 2021 mit großer Wucht auch durch Erftstadt und richtet unvorstellbare Zerstörung an. Wir haben Karl-Heinz Schulz, zuständig für die Spiel- und Sportplätze der Stadt, zur Situation vor Ort befragt.

Herr Schulz, Sie selbst wohnen in Lechenich – einer der Ortsteile in Erftstadt, die vom Hochwasser betroffen waren. Konnten Sie inzwischen realisieren, was genau passiert ist?

Schulz: Natürlich kennt man es, dass beim Hochwasser der ein oder andere Keller vollläuft. Aber dass sich Flüsse derart in die Ortschaften „reinfressen“, das ist schon außergewöhnlich. Betrachtet man jedoch rückblickend welche Wassermengen am 14. Juli bei dem Starkregen runtergekommen sind, wird es verständlicher.

Sie haben diese unfassbaren Regenmengen mit Ihrer eigenen Wetterstation gemessen…

Am besagten 14. Juli habe ich 130 Liter (!) Wasser gemessen. Übrigens genau das, was für diesen Tag prognostiziert war. Das entspricht einer Regenenge, die wir hier normalerweise in zwei Monaten haben, bei ca. 700 bis 800 Liter Regen im Jahr. Ein Sechstel von der Jahresmenge kam also an diesem einen Tag runter. Das waren Unmengen! Und zwar nicht nur in Erftstadt, sondern flächendeckend in der Eifel. So sind die Flüsse Erft und Rotbach, die durch unsere Stadt fließen und aus der Eifel kommen, über die Ufer getreten und haben sich mit enormer Kraft durch die Stadt gewalzt und ein extremes Ausmaß an Zerstörung hinterlassen.

Wissen Sie bereits, wie stark Ihre Spiel- und Sportplätze vom Hochwasser betroffen sind?

In den ersten Tagen haben wir seitens der Gartenbauabteilung Unterstützung geleistet bei der Überprüfung sämtlicher Straßen und der Aufnahme von Schäden in diesem Bereich. Denn unsere Infrastruktur, sprich Verkehrswege und Versorgungsträger, hatten in dieser Phase selbstverständlich Vorrang. Aber inzwischen konnten wir alle Spielplätze, Sportanlagen und Grünflächen sichten.

Die Spielplätze wurden zwar überschwemmt, aber nicht von der großen Wucht des Wassers getroffen.

Karl-Heinz Schulz

Insgesamt wurden sieben unserer 59 Spiel- und Bolzplätze und fünf unserer 13 Sportplätze von den Überschwemmungen in Mitleidenschaft gezogen und mussten dementsprechend gesperrt werden. Das sind genau die Anlagen, die in den besonders betroffenen Ortsteilen Ahrem, Blessem, Bliesheim, Friesheim und Lechenich stehen. Zum Glück sind jedoch drastische Schäden ausgeblieben. Die Spielplätze wurden zwar überschwemmt, aber nicht von der großen Wucht des Wassers getroffen.

Welche Schäden wurden konkret festgestellt?

Der Spielplatz Im Längsbusch in Erftstadt Köttingen musste abgepumpt werden. Foto: Stadt Erftstadt

Ein Spielplatz war beispielsweise vom Starkregen am Mittwoch überschwemmt worden und stand unter Wasser. Eine Firma hat gut drei Tage lang ca. 500 Kubikmeter Wasser wegpumpt. Die Geräte selbst haben jedoch durch das stehengebliebene Regenwasser keinen Schaden genommen. Der eigentliche Starkregen ist sauberes Regenwasser, wenn das weggepumpt ist, ist die Anlage wieder in Ordnung. Für eine kurze Zeit im Wasser zu stehen, muss ein Spielplatz aushalten, wenn die Geräte der DIN 1176 entsprechen, so wie das auf unseren Anlagen der Fall ist.

Mit Schlamm und Unrat haben Sie mehr zu kämpfen?

Genau. Die beiden Flüsse Rotbach und Erft haben jede Menge an Unrat, Treibgut und Schlamm mitgeführt. An einem Sportplatz war sogar eine Mülltonne angeschwemmt, die von einem Haus aus 1,5 km Entfernung stammte, wie wir am Adressaufkleber erkennen konnten. Dieses alles wieder zu beseitigen, ist wesentlich aufwändiger.

Spielplatz Erftstadt Hochwasser
Auch der Spielplatz am Sportplatz in Blessem nahe der Erft wurde überschwemmt und musste abgesperrt werden. Foto: Stadt Erftstadt
Auf den ersten Blick sieht der Spielplatz am Sportplatz in Blessem bespielbar aus. Aber an den Geräten hängt noch der Schlamm und muss erst beseitigt werden. Foto: Stadt Erftstadt

Teilweise sind die Zufahrtswege und Spielgeräte verschlammt und müssen gereinigt werden. Und bei allen betroffenen Spielplätzen muss der Sand ausgetauscht werden. Insgesamt rechnen wir grob geschätzt mit einem Schaden von 30.000 Euro.

Müll auf dem Fußweg nach Hochwasser
Auch der Fuß- und Radweg zwischen dem Spielplatz und den Sportanlagen in Bliesheim ist in Mitleidenschaft gezogen worden, Müll wurde angeschwemmt. Foto: Stadt Erftstadt.

Wer übernimmt die Kosten für die Wiederherstellung der Spielplätze?

Es besteht die Hoffnung, dass sämtliche durch die Flut verursachten Schäden aus Mitteln finanziert werden können, die vom Bund und Land NRW in Aussicht gestellt wurden. Wir haben in der Buchhaltung ein separates Flutkatastrophen-Konto. Da gehen diese Maßnahmen jetzt alle drauf. Von daher läuft das sehr unkompliziert und ich bin zuversichtlich, dass wir diese sieben Spiel- und Sportplätze bald wieder hergerichtet haben und die Kinder wieder spielen können.

Derzeit kümmern sich alle um zerstörte Häuser und Straßen. Woher nehmen Sie die Kapazitäten für die Beseitigung der Spielplatzschäden?

Das ist tatsächlich gar nicht so einfach. Fragen Sie mal nach einer Spedition. Die fahren im Moment überall die Müllberge weg. Da wird es nicht einfach sein, mal eben zwei Ladungen Deckschichtmaterial für einen Sportplatz zu bekommen. Die brauche ich, weil bei einem meiner Sportplätze die Decke weggeschwemmt worden ist.

Beim Sportplatz in der Christian-Dahmen-Straße in Friesheim ist die Tennendeckschicht weggespült worden. Foto: Stadt Erftstadt

Die Spielplätze haben nicht die gleiche Priorität wie private Häuser oder Verkehrswege. Dennoch ist eine ortsansässige Firma, die selbst keine Schäden davongetragen hat, gerade schon dabei, nach und nach den Sand bei den insgesamt sieben betroffenen Anlagen auf einer Gesamtfläche von rund 1000 m2 auszutauschen.

Vorausgesetzt diese Firma wird nicht zu einem anderen Einsatz gerufen?

Klar, zwischendurch haben immer wieder andere Tätigkeiten in der Stadt Vorrang. Ich erwarte daher nicht, dass die Firma kontinuierlich alle Plätze abarbeitet. Abgesehen davon, lässt sich im Moment gar nicht so leicht genormter Spielsand (gewaschenes Material in einer bestimmten Körnung) besorgen. Der muss nämlich erstmal wieder produziert werden. Wir haben hier einige Kiesgruben vor Ort. Doch nicht alle können produzieren, weil bei denen selbst Land unter ist. Grundsätzlich läuft es jedoch. Und ich hoffe, dass alle Arbeiten innerhalb der nächsten zwei Wochen erledigt werden können.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass auch die Aufräumarbeiten in der gesamten Stadt zügig vorangehen?

Die Zuversicht überwiegt. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Unser Amt für Straßen, Grünflächen und Friedhöfe trifft sich seit der Katastrophe täglich zur Lagebesprechung, bei der auch verkehrstechnische Dinge besprochen werden. Das funktioniert gut, da greift ein Rad ins andere. Zusammen mit der externen Unterstützung, die wir hier haben – THW, Bundeswehr, Katastrophenschutz – läuft es gut und wir kommen voran. Trotz alledem wird das eine langwierige Sache werden, vor allem auch die Verkehrswege wieder herzustellen. Da muss man tatsächlich noch etwas Geduld haben.

Wir wünschen Ihnen und alle Menschen in den betroffenen Regionen viel Geduld, Kraft und Ausdauer für die nächste Zeit und gutes Gelingen sowie positive Energie. Herzlichen Dank, Herr Schulz, für das Interview.


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Titel-Foto: Hochwasserschäden auf dem Spielplatz Baumstraße in Erftstadt, Dirmerzheim / © Stadt Erftstadt


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