Spielplätze sind in Geldnot. Auch deshalb setzen immer mehr Städte und Kommunen auf ehrenamtliche Spielplatzpaten. Diese engagieren sich vor Ort für „ihren“ Spielplatz und erreichen, zum Teil mit außergewöhnlichen Mitteln, eine ganze Menge.

Beate Popig Spielplatzpatin in Köln

Beate Popig ist seit sieben Jahren Spielplatzpatin auf dem Spielplatz Rathenauplatz in Köln. Als ausgebildete Kindergärtnerin arbeitet sie zur Zeit als Tagesmutter. Bereits seit 17 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich. Lange Jahre war Beate Popig u. a. Vorsitzende des ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club) in Köln.

Die Idee, Spielplatzpatin zu werden, kam ihr spontan, als sie eine Werbeanzeige dafür in der Kölner U-Bahn sah. Wir haben Beate Popig auf „ihrem“ Spielplatz getroffen.

 

Frau Popig, was gefällt Ihnen an „Ihrem“ Spielplatz besonders gut?

Popig: Ich finde es schön, dass der Spielplatz mitten in der Stadt in einer so tollen großzügig gestalteten, grünen Anlage installiert ist und dass sich hier alle Altergruppen treffen können. Schön finde ich auch, dass der Spielplatz regelmäßig von Kindergärten und Schulen genutzt wird. Und ich freu mich darüber, dass die Spielgeräte hier gut in Schuss sind. Bisher wurde hier kein Spielgerät mutwillig zerstört.

Spielplatz Rathenauplatz in Köln

 

Ist das auch ein Ergebnis Ihrer Arbeit?

Popig: Ja, auf jeden Fall. Die Anwohner sind froh, dass jemand da ist, der ein Auge auf den Spielplatz wirft. Und die Kinder fühlen sich wohl hier. Deshalb hat sich das Verhalten der Leute auf dem Spielplatz in den sieben Jahren zum Positiven geändert. Die Leute denken jetzt größtenteils mit.

Spielplatzpatin Beate Popig auf ihrem Spielplatz

Zu Beginn habe ich sehr viel Zeit auf dem Spielplatz verbracht und unter anderem Säuberungsaktionen gemeinsam mit den Kindern durchgeführt. Das ist inzwischen weniger geworden. Alle Seiten merken es läuft und ziehen sich zurück. Einerseits macht die Stadt sehr gut sauber. Und andererseits ist auch den Spielplatzbesuchern mittlerweile ein sauberer Spielplatz wichtig. Und das finde ich auch gut so. Denn das ist nicht „mein“ Spielplatz, sondern der Spielplatz aller Besucher und da sollte auch jeder darauf achten, dass der sauber bleibt.

 

Der Rathenauplatz ist auch ein beliebter Treffpunkt für drogen- und alkoholabhängige Leute…

Popig: Das stimmt. Gerade der mittlere Teil des Platzes, der eigentlich allen Bewohnern zur Naherholung dienen soll, wird viel von Nichtsesshaften und Junkies genutzt. Die lassen oft ihre Schnapsflaschen und ihren Müll liegen, urinieren in den Grünstreifen, werfen ihre Spritzen achtlos in die Büsche oder schlafen besoffen auf den Parkbänken ein.

Das ist also schon schwierig und für die Bewohner auch nicht angenehm. Aber das ist natürlich ein gesellschaftliches Problem. Die Leute, die abhängig sind, sind Menschen, die Hilfe brauchen. Das ist immer eine Geratwanderung.

Rathenauplatz in Köln

Deshalb bin ich froh über die gute Zusammenarbeit mit der Polizei, die ich öfter mal rufen muss. Die sind schnell da und kümmern sich. Und wenn’s mal etwas länger dauert, dann respektiere ich das auch. Denn ich bin ja nicht die einzige, die anruft. Auch auf die AWB (Abfallwirtschaftsbetriebe Köln GmbH & Co) ist Verlass. Im Sommer kommen die fast täglich und reinigen den Platz, im Herbst und im Winter etwas seltener.

 

Werden Sie als Spielplatzpatin erkannt und angesprochen?

Popig: Ja, die Leute kennen mich. Manchmal gehe ich selbst auf die Eltern zu und frage, was ihnen gefällt und was nicht. Aber meistens bin ich einfach nur da. Wenn es Streitigkeiten gibt, dann kommen die Kinder zu mir und sagen: „Beate oder Frau Popig kannst du mir bitte helfen.“ Dann mach ich das. Mir ist wichtig, dass die Kinder wissen: Da ist jemand für mich da, auf den kann ich mich verlassen, wenn es brennt. Aber prinzipiell halte ich mich aus Zwistigkeiten raus.

Einige sehen in mir mittlerweile auch eine Ansprechpartnerin für andere Lebensdinge. So werde ich schon mal danach gefragt, wo man preiswert Kinderkleidung kaufen kann oder welches Amt bei welchen Anliegen hilft. Dafür habe ich einen Zettel mit Telefonnummern und Ansprechpartnern in der Tasche. Die jungen Mütter nehmen das gerne in Anspruch.

 

Gibt es etwas, worüber Sie sich besonders ärgern?

Popig: Ja, manchmal ärgert mich, das Anspruchsdenken und die Ignoranz einiger Eltern. Auf der einen Seite rauchen sie auf dem Spielplatz und werfen ihre Kippen in den Sand. Fordern auf der anderen Seite dann aber, dass der Spielplatzsand zweimal, anstatt nur einmal im Jahr gereinigt wird. Und wenn ich die Eltern dann bitte, nicht auf dem Spielplatz zu rauchen bzw. ihr Bier in die Mülltonnen zu entsorgen, kriege ich zu hören: „Was geht mich das an.“ Da beißt sich für mich die Katze in den Schwanz.

Ich bin mittlerweile der Meinung: Wenn die Eltern öfter frischen Sand wollen, dann sollen sie sich einen Sponsor suchen, der ihnen den Sandaustausch bezahlt. Dann müssen sie selbst etwas dafür tun.

 

Verlassen sich Eltern zu sehr auf Sie?

Popig: Ich glaube eher, dass wir zu bequem und faul geworden sind und uns immer auf das verlassen, was bisher optimal war. Kann sein, dass uns unser Wohlstand kaputt gemacht hat? Und bestimmt ist dadurch auch unser Anspruchsdenken gestiegen.

Dabei ist es überhaupt nicht selbstverständlich, dass immer alles in Schuss ist. Gerade in Zeiten, wo die Mittel so knapp sind – und die sind ja schon seit Jahren knapp – muss jeder auch seinen Teil dazu beitragen, dass es trotzdem funktioniert. Ich finde es wichtig, Kindern vorzuleben und zu erklären, dass man fremdes Eigentum achtet. Dazu gehört auch, den Spielplatz so zu nutzen, dass auch noch andere ihre Freude daran haben. Wenn ich als Mutter oder Vater meinem Kind das nicht weitergebe, dann wird etwas versäumt.

 

Welche persönlichen Eigenschaften helfen Ihnen als Spielplatzpatin?

Popig: Ich würde sagen meine Offenheit, meine Ehrlichkeit und meine Zielstrebigkeit. Ich weiß, was ich will und mir liegt sehr viel daran, mich für die Interessen und Rechte der Kinder einzusetzen. Ich bin jemand, ich gucke um sieben Ecken, ich habe keinen Tunnelblick, sondern einen erweiterten Blick. Durch die Arbeit als Vorsitzende des ADFC habe ich außerdem gelernt, dass ich mehr erreiche, wenn ich mit präzisen Zielen und Vorstellungen ans Werk gehe. Man sollte wissen, was machbar ist.

 

Was war ihr größter Erfolg als Spielplatzpatin?

Popig: Mein größter Erfolg… Oh, das war schon vor fünf oder sechs Jahren. Damals ist es uns gelungen, zu verhindern, dass der Sandhügel hier auf dem Spielplatz abgetragen wird. Die Kinder hatten diesen Hügel über die Zeit – durch Laufen, Radfahren, Herunterkugeln, Buddeln, mit Wasser matschen – selbst gestaltet und nutzten diesen ganz intensiv.

Spielhügel auf dem Spielplatz Rathenauplatz

Spielhügel auf dem Spielplatz Rathenauplatz

Plötzlich hieß es, der Hügel sollte weg, obwohl die Mütter und Kinder sich unbedingt für den Erhalt ausgesprochen haben. Als dann eines Morgens das Grünflächenamt mit einem Frontlader vorfuhr, hatten wir einige Eltern mit Kindern mobilisiert, die Kinder in den Frontlader gesetzt und so gemeinsam verhindert, dass die Arbeiten überhaupt starten konnten. Das war toll. Da haben wir uns alle gemeinsam gefreut, dass wir es geschafft hatten, uns durchzusetzen und der Hügel erhalten blieb. Heute ist der nicht mehr in Gefahr und wird nach wie vor intensiv bespielt.

 

Wo stoßen Sie bei Ihrer Arbeit an Grenzen?

Popig: Wenn die Zusammenarbeit der Behörden nicht läuft, ist das ziemlich frustrierend. Manchmal habe ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Wenn ich mich kümmere und zum Beispiel das Grünflächenamt anrufe, fühlt sich dort niemand zuständig oder man wird vertröstet. Und wenn man denen nicht dauernd auf die Füße tritt, bleibt alles wie es ist. Das heißt, man muss mehrfach anrufen und als letztes Mittel drohen: „Ich informiere den WDR, dann sehen wir was passiert.“ Für mich ist es ein blödes Gefühl, man steht da wie klein doof.

Ein Beispiel: Die Schwingtüren auf unserem Spielplatz waren lange defekt. Sie schlossen nach Benutzung nicht mehr von selbst, wie eigentlich vorgesehen, sondern blieben sperrangelweit offen stehen. So bestand die Gefahr, dass sich Kinder unbeobachtet vom Spielplatz entfernen konnten.

Ich habe mehrmals beim Grünflächenamt angerufen und darauf hingewiesen, wie dringlich das ist, weil die Sicherheit der Kinder stark gefährdet ist. „Muss denn erst was passieren, damit es gemacht wird? “, hab ich gefragt. „Ne, Frau Popig, natürlich nicht. Aber Sie wissen ja, wir haben keine Leute, es fehlt das Geld.“ Das sind für mich alles an den Haaren herbeigezogene Argumente. Die Eltern waren schon drauf und dran, die Türen zuzubinden, damit die Kinder nicht weglaufen können.

Drei oder vier Monate hat es gedauert bis die Türen mehr schlecht als recht repariert wurde. Auf der einen Seite funktionieren sie, auf der anderen Seite wurde der Schließmechanismus nur notdürftig repariert. Die Tür schließt jetzt immer noch nicht richtig, steht aber nicht mehr ganz so weit auf.

Tor am Spielplatz Rathenauplatz, schließt auch nach der notdürftigen Reparatur nicht ganz

 

Sie glauben, es liegt nicht am fehlenden Geld?

Popig: Ich glaube nicht, dass es nur am fehlenden Geld liegt, sondern auch am nicht vorhandenen Willen, sich tatsächlich für etwas einzusetzen. Keiner fühlt sich verantwortlich. Mein Anliegen wird angenommen, weitergeleitet, bleibt irgendwo liegen und irgendwann, wenn man genug genervt hat, wird es dann notdürftig geflickt.

Das liegt auch daran, dass die Ämter miteinander nicht so gut können. Vieles ist hier politisch gewollt. Das sehen Sie doch, wenn im Rathaus was beschlossen wird. Jeder versucht das Beste für sich rauszuholen. Ob das, das Beste für die Bürger ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Dies ist doch traurig, wenn man sich damit rühmt, die Kinder sind unsere Zukunft.

Es wird, wie immer, zu wenig für die Kinder getan und am falschen Ende gespart. Wenn unsere Kinder tatsächlich unsere Zukunft sein sollen, dann haben wir die Pflicht, mehr in die Spielplätze zu investieren, anstatt den Wasserkopf oben immer breiter zu machen.

 

Was muss sich tun, damit Spielplätze wichtiger werden?

Popig: Die Spielplätze stehen auf keiner Prioritätenliste so wie Schulen, die Gesundheit oder politische Bildung, sollten sie aber. Und damit sich das ändert, müsste sich die Allgemeinheit sehr viel mehr dafür einsetzen. Nicht nur die Spielplatzpaten, sondern alle. Wenn viele ihren Allerwertesten vom Sofa bewegen würden, könnte etwas zu Gunsten unserer Kids passieren. Also gerade wenn gespart wird, tatsächlich auf die Straße gehen und nicht denken, da ist schon jemand, der das macht.

Für den Anfang würde ich mir wünschen, dass sich jemand zuständig fühlt und wirklich versucht, das Problem zu lösen. Wenn es nicht kurzfristig geht, dann langfristig, aber mit einem Ernst bei der Sache, dass der Bürger sich verstanden fühlt.

 

Sie sind seit sieben Jahren Spielplatzpatin. Was motiviert sie weiterzumachen?

Popig: Mich motiviert, zu sehen, dass ich das umsetzen kann, was ich mir vornehme, wenn alle an einem Strang ziehen. Dass mich der Bürgermeister aus dem Veedel (Stadtviertel, Anm. Schilling) unterstützt oder unsere Bürgergemeinschaft, der Veedelspolizist oder das Gesundheitsamt. Dass die sagen: „Was du machst, ist toll. Wir unterstützen dich weiter.“ So motivieren und helfen wir uns gegenseitig. Wir setzen uns ja alle für das gleiche Ziel ein, nur jeder auf seiner Ebene und mit seinen Mitteln. Gemeinsam können wir etwas bewegen.

 

Vielen Dank, Frau Popig, für diese interessanten Einblicke. Wir freuen uns mit Ihnen für das bisher erreichte und wünschen Ihnen viel Kraft, Spaß und Erfolg für die noch kommenden Aufgaben. Falls dieser Artikel dazu beiträgt, noch mehr Menschen zu mobilisieren, würden sich viele Kinder noch wohler auf den Spielplätzen fühlen.