Günter Beltzig ist einer der bekanntesten Spielplatz-Designer Deutschlands. Seit 40 Jahren entwirft er Spielplätze. Dennoch bezeichnet er Spielplätze als Krücke unserer kinderfeindlichen Gesellschaft. Wie passt das zusammen? Wir haben nachgefragt.

Herr Beltzig warum lassen Spielplätze oft zu wünschen übrig?

Beltzig: Ein ganz wichtiger Grund: Spielplätzen haben in unserer Gesellschaft einen zu geringen Stellenwert. Der Spielplatz ist ein Luxusartikel. Wenn gespart wird, dann oft zuerst bei Spielplätzen. Deshalb haben wir auch nicht genug Geld und Platz und „kotzen“ einfach irgend etwas auf eine Restfläche. All diese Faktoren zusammengenommen führen dazu, dass Spielplätze so sind wie sie sind.

Da wir alle mal Kinder waren, Kinder kennen oder Kinder haben, glauben wir, wir könnten mitreden.

Beltzig

Außerdem haben wir als Gesellschaft ein zwiespältiges Verhältnis zu unseren Kindern. Wir wissen oft nicht genau, was wir für unsere Kinder wollen und was sie brauchen. Aber da wir alle mal Kinder waren, Kinder kennen oder Kinder haben, glauben wir, wir könnten mitreden. Dazu passt auch, dass 95 Prozent der Spielplätze von Landschaftsarchitekten entworfen werden. Es aber weltweit keinen Lehrstuhl für Spielplatz-Design gibt und in deren Ausbildung das Thema Spielplatz-Design auch gar nicht vorkommt.

In Deutschland gibt es viele Spielplätze nach dem Wippe-Rutsche-Schaukel-Prinzip. Warum reicht Ihnen das nicht?

Schaukel und Rutsche signalisieren: Hier ist ein Spielplatz, hier haben Kinder mehr Rechte. Ich bin gar nicht dagegen, nur ich löse das Problem des vernünftigen Spielens eben nicht dadurch, dass ich irgendwo eine Schaukel und eine Rutsche hinstelle. So sind Spielplätze oft nur noch ein Alibi für angebliche Kinderfreundlichkeit, dekorative, mit Spielgeräten vollgestopfte, Vorzeigeplätze für Erwachsene, Eltern und sonstige sich für Kinder zuständig fühlende Leute. Kinderbedürfnisse kommen hier oft zu kurz.

Spielplatz „Bonner Platz“ in Karlsruhe mit Standard-Ausstattung. Foto: Spielplatztreff.de

Sind Spielplätze in Großstädten besonders wichtig?

Ich denke schon. Denn wir leben in einer sehr leistungsorientierten Gesellschaft, was sich auch in der Stadtplanung widerspiegelt. Heute gliedern wir alles in verschiedene Nutzungsflächen: Es gibt Wohnsiedlungen, Einkaufscenter, Büroviertel etc., und die Flächen sind durch Straßen miteinander verbunden, die nur dem Verkehr dienen. Hier und da findet sich ein Platz mit Bäumen und Bänken, aber zum Verweilen laden diese Plätze nur sehr selten ein.

Und in dieser Denkweise brauchen wir eben auch die Nutzungsfläche „Spielplatz“ – als Freiraum zum Spielen für die Kinder und als eine Art Krücke unserer kinderfeindlichen Gesellschaft. Also nicht die Kinder brauchen den Spielplatz, sondern wir brauchen ihn. Weil unsere Gesellschaft es nicht ermöglichen kann, dass Kinder überall, jederzeit und mit allem spielen dürfen.

Wie sieht der ideale Spielplatz aus?

Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Bei der individuellen Planung eines jeden Spielplatzes muss es gelingen, die Benutzerbedürfnisse und Anliegerinteressen in einem guten Kompromiss zu berücksichtigen, sonst wird der Spielplatz schnell zu einem ständigen konflikt- und pflegeträchtigen Problem. Die Schwierigkeit besteht also darin, die Spielbedürfnisse der zukünftigen Nutzer zu erkennen und dafür entsprechende Spielmöglichkeiten zu schaffen.

Aber wenn es schon Geräte sein müssen, dann finde ich Kletterseile ganz gut, weil die Kinder sich daran aushängen können. Das ist gerade beim Wachstum gut für Kinder. Und Schaukeln, auf die mehrere Kinder gleichzeitig drauf können sind auf jeden Fall der Einzelschaukel vorzuziehen, weil dann ein soziales Miteinander stattfindet. Ganz wichtig ist auch die Atmosphäre. Ein Spielplatz kann nur gut sein, wenn Eltern und Kinder sich dort wohl fühlen.

Auf Spielplatztreff können Eltern Spielplätze bewerten – geht das überhaupt?

Ja, wobei man eben mit Pauschalurteilen etwas vorsichtig sein muss. Eltern müssen überlegen, was für sie selbst wichtig ist. Ein Mutter möchte, dass ihr Kind im Matsch spielt und sich richtig dreckig macht, eine andere Mutter möchte, dass die Kleider beim Spielen möglichst sauber bleiben.

Deshalb finde ich den Ansatz auf spielplatztreff.de auch gut, darzustellen, was es für Spielplätze gibt und welche Eigenschaften diese Spielplätze haben. So können die Leute über das Internet die für sie geeigneten Spielplätze finden. Darüber hinaus spielen natürlich Punkte wie Sicherheit, Lage, Gepflegtheit, Atmosphäre, Vielfältigkeit der Spielgeräte bei der Bewertung eine Rolle.


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Vielen Dank, Günter Beltzig, für diese interessanten Einsichten in die Spielplatz-Welt. Wie ist es um die Spielplätze in deiner Gegend bestellt? Schreib’s in die Kommentare und teile deine Tipps auf Spielplatztreff.


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