Playstation unplugged: In Berlin-Spandau wurde jetzt der erste von drei geplanten Naturerfahrungsräumen im Rahmen eines Forschungsprojektes eröffnet. Hier können Kinder das tun, was früher selbstverständlich war: Auf Bäume klettern, aus Zweigen ein Versteck bauen, im Matsch rumhüpfen – in der Natur ohne Spielgeräte und frei spielen. 

Forscher wissen seit langem: Naturerfahrungen sind für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern enorm wichtig. Beim freien Spielen in der Natur erlernen sie quasi nebenbei Körperbeherrschung und Risikokompetenz und entwickeln Naturverständnis und Sozialverhalten. Doch auch wenn dieses Wissen vorliegt, ist es oft schwierig, Freiräume für Kinder entsprechend zu verteidigen bzw. langfristig zu sichern. Die Versuchung für Städte und Kommunen ist groß, die wenigen noch nicht bebauten Flächen eher in lukratives Bauland umzuwandeln, um Löcher in leeren Haushaltskassen zu stopfen. Langfristige Konzepte vielerorts Fehlanzeige.

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Rauf auf die Bäume. Foto: Stiftung Naturschutz Berlin

Umso wertvoller ist eben diese Nachricht aus Berlin einzuordnen. Denn mit dem neu eröffneten Naturerfahrungsraum Spieroweg in Berlin-Spandau verfolgen Forscher und Politiker ein gemeinsames langfristiges Ziel, wie Christian Gaebler, Staatssekretär für Verkehr und Umwelt, deutlich macht: „Ich bin davon überzeugt, dass beides miteinander zu verbinden ist. Flächen für Wohnungsbau zu entwickeln und notwendige Grün- und Freiflächen zu schaffen und auch zu erhalten. Dafür brauchen wir neue Konzepte, die dem gerecht werden. Naturerfahrungsräume sind dabei ein wichtiger Baustein“.

Wissenschaftliche Begleitung

Und damit dieser wichtige Baustein Hand und Fuß bekommt, wird das Projekt wissenschaftlich begleitet und erforscht. So können später auch andere Städte und Akteure auf die gesammelten Erfahrungen zurückgreifen und es entstehen hoffentlich noch mehr Naturerfahrungsräume für Kinder in ganz Deutschland.

Gestartet ist das Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben „Naturerfahrungsräume in Großstädten am Beispiel Berlin“ bereits vor einigen Jahren. Wir haben im Blog berichtet. Während  es in der Voruntersuchung 2011 darum ging, zu ermitteln, welche Voraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb derartiger Naturflächen nötig sind, folgt nun im Hauptvorhaben (2015 bis 2018), beginnend mit der Eröffnung der ersten Pilotfläche in Spandau, der Praxistest. In Pankow und Marzahn-Hellersdorf werden zu einem späteren Zeitpunkt zwei weitere Flächen folgen.

Thema Sicherheit

Wichtig wird es sein, Erfahrungswerte zu sammeln. Auch um Vorbehalte abzubauen. Denn die sind teilweise in den Städten und Kommunen noch groß. Irma Stopka, Projektleiterin des Vorhabens bei der Stiftung Naturschutz Berlin weiß um die entsprechenden Fragestellungen und will im Rahmen des Projektes, zusammen mit der wissenschaftlichen Begleitung möglichst allgemein gültige Antworten darauf finden.

Zum Beispiel geht es um Fragen wie:

  • Welche Sicherheitsanforderungen sind an Naturerfahrungsräume zu stellen?
  • Welche konkreten Aufgaben kommen auf die Verwaltungen im Rahmen der Pflege und Entwicklung von Naturerfahrungsräumen auf die Fachbehörden zu? Sind diese leistbar?
  • Wie kann und muss die Kontrolle von Naturerfahrungsräumen organisiert werden, um den sicheren Betrieb möglichst effektiv und kostengünstig zu gewährleisten?
Die Naturerfahrungsräume sind mit Schildern ausgewiesen. Foto: Stiftung Naturschutz Berlin

Auch in Naturerfahrungsräumen gibt es Verhaltensregeln. Foto: Stiftung Naturschutz Berlin

Vorbehalte abbauen

Auch bei Eltern und Erziehern sind Naturerfahrungsräume in vielen Fällen noch unbekannt und hinterlassen deshalb oft den Eindruck einer exotischen Sonderspielfläche, die mehr Risiken für ihre Kinder birgt als herkömmliche Spielplätze. Diese häufig angstbehafteten Vorstellungen können nur durch praktische Beispiele abgebaut werden.

Das extra für die erste Pilotfläche erstellte sicherheitstechnische Gutachten  ist bereits ein gutes Beispiel, wie mit den sicherheitstechnischen Anforderungen an solchen Flächen umgegangen werden kann.

Die Kinderbeteiligung bei Planung und Einrichtung der Pilotfläche hat bereits jetzt dazu beigetragen, dass Kinder, Eltern und Erzieher neugierig werden und sich für den Naturerfahrungsraum interessieren. Die Kinder haben die Fläche mit wenigen Anstößen sofort in Besitz genommen. Durch ihre Aktivitäten bauen sie ganz nebenbei Unkenntnis und Vorbehalte zum Konzept und zur konkreten Fläche ab.

Das Vorhaben wird von der Stiftung Naturschutz Berlin durchgeführt und vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie dem Bezirk Pankow und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin gefördert. Der Landesbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege Berlin unterstützt das Vorhaben.