Kürzlich veröffentlichte ich auf unserer Spielplatztreff Facebook Seite dieses Foto von einem Klettergerät auf einem Spielplatz in Celle. Ich fand es auffallend spannend und konnte mir lebhaft vorstellen, mit welcher Begeisterung sich meine beiden Kinder den Weg zur Rutsche erklettern würden. Umso überraschter war ich dann von den Facebook Kommentaren…
Ein User schrieb: „dieses Teil hat nix mit Bewegungsförderung zu tun… das ist grob
fahrlässig so was zu bauen und öffentlich aufzustellen!“ Es wurden überall Kopf-, Finger- und Kordelfangstellen vermutet und die Verantwortlichen wurden schon nach dem „wohl unvermeidlich schweren Unfall eines Kindes“ mit einem Bein hinter Gittern gesehen.
DAS WOLLTE ICH GENAUER WISSEN…
Ist dieses Spielgerät tatsächlich so gefährlich oder sieht es nur gefährlicher aus, weil es ein Versuch ist, dem kindlichen Bedürfnis nach Wagnis und Risiko mehr Raum zu geben, ohne die Sicherheitsbestimmungen zu vernachlässigen? Ich habe bei Martin Engelhardt, Spielraumplaner aus Celle und verantwortlich für diesen Spielplatz, nachgefragt…
Herr Engelhardt, ärgern Sie die Kommentare zu „Ihrem“ Spielplatz auf der Spielplatztreff-Facebook Seite?
Engelhardt: Nun ja, das sind Aussagen, die sind wenig qualifiziert und kommen aus dem hohlen Bauch. Was mich ärgert ist, dass solche Meinungen leider manchmal dominieren. Und diejenigen, die sich zu Wort melden, leider den Spielplätzen und –angeboten mehr schaden als nutzen.
Zugegeben, das Klettergerät sieht ziemlich waghalsig aus. Ist es trotzdem sicher?
Engelhardt: Selbstverständlich. Alle Spielgeräte, die wir in Celle aufstellen, entsprechen den europäischen Sicherheitsnormen für Spielplätze. Normalerweise sind die Spielgeräte bereits vom Hersteller vorgeprüft und werden mit Sicherheitszertifikat geliefert.
Bei diesem individuell angefertigten Spielgerät war der Prüfaufwand allerdings schon deutlich höher. Monteure der Herstellerfirma haben das Gerät aufgebaut und bereits während der Aufbauphase auf die Einhaltung der Sicherheitsnormen geachtet.
Auch ich war als verantwortlicher Bauleiter mehrmals vor Ort und habe mir angeschaut, was dort geprüft und ggf. verändert wurde. Darüber hinaus kam sowohl während der Bauphase als auch zur Endabnahme ein externer Sachverständiger, der mit Prüfkörpern und Zollstock das Spielgerät auf die Einhaltung der europäischen Sicherheitsnormen geprüft hat. Zum Schluss musste noch an zwei, drei Stellen nachgebessert werden – mal wurde etwas abgeschnitten, mal ein zusätzliches Holzelement integriert – aber das war’s. Und mal ehrlich, so eine Prüfung ist ja auch keine Geheimwissenschaft.
Würden Sie trotzdem sagen, dass das Risiko auf diesem Gerät höher ist, als bei anderen Geräten?
Engelhardt: Vielleicht. Aber Menschen sind eben unterschiedlich und die „Übervorsichtigen“ sehen überall lauernde Gefahren. Ein Grundprinzip ist ja, und das steht auch so in der DIN 1176 (Sicherheitsnorm für Spielplätze), dass Kinder lernen müssen mit Risiken umzugehen.
Wenn sie aber nie die Chance dazu haben und man sie immer nur in Watte packt, dann ist das dem Reifungsprozess des Kindes nicht dienlich. Es darf natürlich nicht passieren, dass sich irgendwelche Teile lösen, deshalb ist die ordnungsgemäße Wartung ein ganz wichtiger Aspekt der Sicherheit. Aber ein kalkulierbares Risiko planen wir schon bewusst mit ein.
Wie sind Sie auf dieses Gerät und diese Herstellerfirma gekommen?
Engelhardt: Dieser Spielplatz ist als Leuchtturmprojekt geplant worden, also als herausragender Stadtteilspielplatz, der größere Anziehungskraft haben sollte, als die „normalen“ Spielplätze. Dementsprechend wurde mir von der Politik auch ermöglicht, stärkere Akzente zu setzen, um einen besonderen Spielplatz zu bauen und letztendlich auch mehr Geld in die Hand zu nehmen. Auf die Firma kellner spiel bin ich durch Veröffentlichungen in Fachzeitschriften aufmerksam geworden. Die Ideen, die liebevollen Gestaltungsdetails und das von Hans-Georg Kellner für uns entwickelte Konzept haben mich überzeugt.
Ist dieses Klettergerät teurer als ein Standard-Spielgerät?
Engelhardt: Es ist nicht sehr viel teurer als Spielgeräte von den bekannten Herstellern. Aber der Aufwand Herstellung und der Prüfung ist bei einem individuell hergestellten Spielgerät schon höher. Wenn ich ein Standardspielgerät beispielsweise einmal prüfe und dann 500 Mal produziere, verteilen sich die Prüfkosten auf diese 500 Spielgeräte. Bei einem individuell angefertigten Spielgerät kommt der Prüfer extra mehrmals raus, um sich das Gerät vor Ort anzuschauen. Außerdem brauche ich, wie bereits erwähnt, geschulte und höher qualifizierte Leute, die das Gerät vor Ort zusammenbauen und eventuelle Sicherheitsmängel erkennen und beheben können, ohne dass die Idee und Ästhetik verloren gehen. Sonst müsste das Gerät ja wieder abgebaut werden, wenn zum Schluss der Prüfer kommt und zu viele Mängel feststellt.
Wie haben Eltern und Kinder auf das Spielgerät reagiert?
Engelhardt: Die Eröffnung haben wir zusammen mit dem benachbarten Kindergarten gefeiert und da wurde schnell deutlich, Kinder gehen unterschiedlich mit dem Gerät um. Es gab zweijährige Kinder, die sind dort völlig selbstverständlich hochgeklettert und es gab fünfjährige, die sich das noch nicht zugetraut haben. Aber alle waren begeistert dabei.
Bei der Eröffnungsfeier habe ich schon das ein oder andere zu dem Gerät erklärt und bestimmt ist das auch ein Gerät, welches mehr Diskussionen auslöst als ein anderes. Aber ich kann mich an keine Eltern erinnern, die sich über einen zu gefährlichen Spielplatz beschwert hätten. Und auch sonst habe ich keine negative Resonanz zu diesem Spielplatz erfahren. Der wird sehr gut angenommen.
Vielen Dank, Herr Engelhardt, für dieses Gespräch. Gut zu wissen, dass es auch anders und trotzdem sicher geht.
Wie seht ihr das? Würdet ihr eure Kinder auf diesem Gerät ohne Bedenken klettern lassen?
ICH will ! 😀 hin da!
und ja, auch meine kinder würde ich klettern lassen, denn wer es wagt, der gewinnt. und wer es nicht wagt, der gewinnt vlt später !
Tolles Spielgerät !
nathalie
JA! Nur wer früh lernt mit ungewohnten Situationen umzugehen ist als Erwachsener noch flexibel (im Kopf) 😉 Meine Kinder hätten bestimmt einen Riesen-Spass! Passieren kann immer und überall etwas aber meiner Erfahrung nach eher, wenn die Kinder unvorsichtig sind, weil etwas „offensichtlich ungefährlich“ ist.
Das Leben als solches ist ein Risiko und Kinder lernen, damit umzugehen. Solange sie ihre Bewegung selber steuern können (also nicht mit unnatürlicher Geschwindigkeit bewegt werden wie im Auto) haben sie meistens alles gut im Griff. Auf solchen Spielgeräten haben sie die Chance sich auszuprobieren und Sicherheit zu gewinnen.
Die Bäume meiner Kindheit hatten alle keine TÜV-Plakette und manchmal sogar einen morschen Ast.
Also, ich finde es super…..als Kind bin ich selber überall drauf gewesen,….unsere dorfsporthalle, gemeindehausdach, scheunendach bei ner Freundin….
Ich erinnere mich gut daran, wie wir in Ca 5m Höhe über dachbalken in der Scheune balanciert sind unter uns nur härter betonboden….der Nervenkitzel war gigantisch! Irgendwann ist ihr kleinerer Bruder vom kleinen Balken in Ca 2m Höhe gefallen und hat sich den arm gebrochen. Na, danach haben wir es gelassen….aber wir haben fast nie etwas gemacht, was wir uns nicht zugetraut haben….und wir sind auch noch nicht so überbehütet aufgewachsen wie heutzutage die Kinder….
Nachts haben meine Freundin und ich uns öfter getroffen und sind über Felder und Friedhof gestiefelt, um uns zu gruseln….weil mein Vater erzählt hatte, dass er es auch früher gemacht hat….
Wir hätten dieses klettergerüst ganz toll gefunden und uns Stunden dran aufhalten können….
Also von mir Daumen hoch!!!
Auch mit ein paar normalen brettern und alten autoreifen kann man tolle balancierwege bauen und wippen etc…
Wir haben einen ähnlichen Spielplatz in Bonn, und unsere Kinder, 4, 7, 9 lieben ihn!
Zu finden unter „Spielplatz Kameha Bonn“ bei Google.
Und im Wald auf losem Polterholz klettern Kinder sicher gefährlicher…