Kürzlich waren wir in Valencia, wo uns einer unserer Ausflüge in den Gulliver-Park führte. Zu einem ganz besonderen Spielplatz. Hier erleben unsere Kinder ein wahres Abenteuer und erfahren, wie spannend und kurzweilig ein Spielplatz-Besuch ist, wenn es auch ein bisschen riskant sein darf.
Dort liegt er auf dem Boden – alle Viere von sich gestreckt: Gulliver – die berühmte Romanfigur von Jonathan Swift aus dem Jahre 1726. Ein riesiger Körper mit einem riesigen Kopf. Die Arme und Beinen so hoch, dass es aus Kinderperspektive schon etwas Mut braucht, sie zu erklettern. Die Haare so dick, dass man an ihnen herunterrutschen kann. Das ist der Gulliver-Spielplatz in Valencia – klassische Spielgeräte gibt es hier nicht. Und das ist auch gut so.
Spielskulptur mit beeindruckenden Dimensionen
Die Dimensionen der Gulliver-Spielfigur wirken auf uns ziemlich beeindruckend. Doch nach dem ersten Staunen dauert es keine Minute, schon sind wir mitten drin im Gewusel und machen uns voller Neugierde und mit einer großen Portion Respekt auf, den schlafenden Riesen aus nächster Nähe zu entdecken.
Ganz schön hoch. Ist das nicht zu gefährlich?!
Zugegeben, wir sind anfangs etwas erstaunt, dass wir in ziemlich beeindruckenden Höhen umher spazieren. Einfach so, ohne Sicherung – Möglichkeiten sich festzuhalten oder seitliche Begrenzungen. Zudem sind die Kletterwege auf Gulliver manchmal ganz schön schmal. Vor allem bei Gegenverkehr heißt es: achtsam sein und Rücksicht nehmen.
Doch auch wenn es ziemlich voll auf Gulliver ist, es funktioniert prima. Die Spielplatz-Besucher verhalten sich entsprechend achtsam. Auch unsere Kinder merken von Beginn an, hier ist Vorsicht geboten: „Wow, ganz schön hoch!“ Sie sind aufmerksam und konzentriert bei der Sache und entdecken Stück für Stück in ihrem eigenen Tempo das Terrain. Nicht ohne zwischendurch immer mal wieder runter zu linsen und sich mit einem leichten Kribbeln im Bauch vorzustellen, wie es wohl wäre, von hier oben runterzufallen.
Aber bevor jetzt die besonders Ängstlichen unter euch vergessen zu atmen, ich kann euch beruhigen: An den Stellen, wo es besonders hoch hinaus geht, sind dann doch Sicherheitsnetze an den Seiten gespannt und die große Treppe, die zum höchsten Punkt der Spielskulptur führt, ist mit einem Geländer ausgestattet. Wir fühlen uns insgesamt gut aufgehoben.
Wäre so ein Kletterspielplatz in Deutschland vorstellbar?
Ein wenig schmunzeln muss ich, als ich mittendrin das rot-weiße Flatterband sehe, mit dem eine der zahlreichen Rutschen abgesperrt ist. Das Band hängt schon ziemlich schlaff herunter. Es zu überwinden wäre ein Leichtes. Doch ich sehe niemanden, der dies tut. Alle machen selbstverständlich einen Bogen um das Absperrband. Und ich frage mich: Wäre so etwas auch in Deutschland vorstellbar? Oder hätte man aus Sicherheitsgründen lieber gleich den ganzen Gulliver abgesperrt?
Überhaupt versuche ich mir vorzustellen, wie hoch die Empörungswellen in Deutschland schlagen würden, wenn eine Stadt auf die Idee käme, eine solche Spielskulptur zu installieren. „Viel zu gefährlich! Da könnte ja sonst was passieren! Ein Angriff auf die Sicherheit unserer Kinder!“ höre ich schon den Tenor der besorgten Eltern.
Gleichzeitig sehe ich meine und all die anderen ins Spiel vertieften Kinder (die zahlreichen Erwachsenen nicht zu vergessen!) und denke mir: Die Spanier machen das einfach… Und ich finde, sie machen es richtig! Denn sie fokussieren sich nicht nur auf die Gefahren, wie es leider so oft in Deutschland der Fall ist. Sondern sie nehmen vor allem die Chancen in den Blick, die der Gulliver-Spielplatz den Kindern und ihren Familien bietet.
Die Kinder sind mutig und hinterher ausgepowert und glücklich
Und damit ist nicht nur die riesige Portion Spaß gemeint, die Kinder und Erwachsene auf diesem Spielplatz garantiert haben, sondern noch viel mehr! Während unsere Kinder zwei Stunden lang auf Gulliver herum turnen, haben sie sich intensiv bewegt und damit spielerisch ihre motorischen Fähigkeiten trainiert. Sie haben ihren Gleichgewichtssinn und ihre Kräfte erprobt – das Hochziehen an den Seilen ist gar nicht so leicht! Sie haben persönliche Herausforderungen gemeistert, Ängste überwunden und dadurch an Selbstvertrauen und Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten gewonnen. Und nicht zu vergessen: sie haben ihre sozialen Kompetenzen gestärkt – Rücksicht auf andere Besucher genommen, aufeinander aufgepasst, gewartet, sich gegenseitig geholfen, Absprachen mit ihren Eltern getroffen und verlässlich eingehalten, usw.
Mit jeder erklommenen Stufe, mit jedem bezwungenen Kletterseil, mit jeder hinab gesausten Rutsche, mit jedem entlang gelaufenen Pfad wächst auch der Mut. Am deutlichsten nehmen wir diese Veränderung bei unserer fünfjährigen Tochter wahr. Zu Beginn bewegt sie sich auf dem riesigen Gulliver eher vorsichtig und zurückhaltend. Sie will mich stets an ihrer Seite wissen, ich soll ihr oft die Hand reichen und alles mit mir gemeinsam erkunden. Aber nach einer Weile erscheint sie deutlich forscher und zieht schlussendlich gemeinsam mit ihrem großen Bruder los – ohne mich. Offensichtlich weiß sie nun besser, was sie sich zutraut und was sie besser lässt.
Auch unser achtjähriger Sohn, der sich von Beginn an deutlich mutiger ins Gulliver-Abenteuer stürzt – drei Jahre machen einen Unterschied – ist nach der zweistündigen Entdeckungstour noch mal sicherer und schneller unterwegs als zu Beginn, probiert viel aus und traut sich wirklich überall rauf und runter.
Auch Erwachsene können hier noch mal Kind sein
Was mir besonders gefällt: Gulliver ist ein Spielplatz für die ganze Familie. Eltern und Kinder haben auf diesem Spielriesen gleichermaßen Platz und überall ist zu sehen, wie viel Spaß auch die Mütter und Väter dabei haben, sich gemeinsam mit ihren Kindern auf Entdeckungstour zu gehen. Es ist einfach schön, hier noch mal Kind sein zu dürfen.
Besonders das Rutschen hat’s den Eltern angetan. Viele der Rutschen sind breit genug, um sie mit den Kindern im Tandem herunterzusausen. So kommen auch schon jüngere Kinder auf ihre Kosten, die sich alleine vielleicht noch nicht trauen würden.
Der Gulliver-Park – ein interessanter Ausflug ins Grüne
Interessant ist auch, dass der Gulliver-Park mitten in einem trockengelegtem Flussbett liegt. Nach einer großen Überschwemmung im Jahre 1957 wurde beschlossen, den Fluss Turia umzuleiten und den Teil im Zentrum Valencias trockenzulegen. Jetzt erstreckt sich in diesem ehemaligen Flussbett durch Valencia ein 10 Kilometer langer Grüngürtel. Ein tolles Fleckchen also für Gulliver und für einen Familien-Ausflug. Das Gelände des Spielplatzes ist übrigens eingezäunt, der Eintritt frei, es gibt Snacks und Getränke zu kaufen, öffentliche Toiletten, jede Menge Picknick-Tische, einen Trinkwasserspender und genügend Schatten unter den umliegenden Bäumen. Was will man mehr?!
Unser Fazit: Der Ausflug zum Gulliver-Park ist definitiv ein riesiger Spaß für die ganze Familie und unbedingt einen Besuch wert! Ein toller Ort, um sich selbst in Gelassenheit zu üben. Denn die kommt von ganz allein, sobald man seine Kinder dabei beobachtet, wie sehr sie das Abenteuer auf dem Kletterspielplatz genießen, wie souverän sie die Herausforderungen meistern, daran wachsen und alle happy sind! 🙂
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Hi Bettina, danke für den tollen und ausführlichen Beitrag und die Bilder. Ich finde den Gulliver-Park toll (eine super Idee!) und würde mir wünschen, dass es so was auch bei uns in Deutschland geben würde. Für meinen Racker würde ein Traum wahr werden 😉
Ich denke das würde auch bei uns total laufen, man müsste nur einige Sicherungsnetze installieren und ein paar überwachende Betreuer engagieren…
lg, Leszek
Danke für dein Feedback, Leszek! Gut, ein paar mehr Sicherungsnetze, aber ohne Betreuer. Könnten wir uns darauf einigen? Denn zu erleben, wie alle aufeinander Rücksicht nehmen und gemeinsam Spaß haben, find ich, macht gerade den Reiz an dieser Spielfigur aus. Das Schöne ist ja: groß und klein können dort gemeinsam rauf, so sind eigentlich immer genügend „Betreuer“ in Form von Eltern mit an Bord 😉