Ein Spielplatz soll selbstverständlich den Vorlieben der Kinder entsprechen – sie zum Spielen, Toben und Lernen anregen. Doch was mögen Kinder auf einem Spielplatz besonders gerne und wie nutzen sie das Spielangebot genau? Auf dem Naturspielplatz im Mönchengladbacher Stadtwald werden – im Rahmen eines großen Forschungsprojektes – Sensoren installiert, die die Bewegungen der Kinder erfassen und auswerten. Kann moderne Messtechnik zukünftig helfen, Spielplätze noch kindgerechter zu gestalten?
Ausgangspunkt dieser Frage ist der Naturspielplatz im Mönchengladbacher Stadtwald – ein besonders einzigartiges Spielparadies für Kinder. Im Juli 2019 wird er von den den Mönchengladbacher Abfall-, Grün- und Straßenbetrieben (mags) neu gestaltet.
Aus einem alten, klassischen Spielplatz wird eine attraktive, naturnahe Spielfläche mit Spielelementen der besonderen Art. Ein Strauchlabyrinth, das zum Verstecken einlädt und Äste, aus denen sich prima Tipis bauen lassen. Eine große Piratenschlucht mit einer Buddelstelle, an der Fossilien darauf warten, gefunden zu werden und Kunstkletterfelsen, die vom alten Spielplatz erhalten bleiben. Der Naturspielplatz bietet ausreichend Platz, liegt zentral und inmitten grüner Natur. Wie werden die Kinder die neu gestaltete Spielfläche annehmen und welche Spielelemente werden sie besonders häufig nutzen?
Wo lässt es sich in der Stadt noch gut spielen? Auf Spielplatztreff findet ihr weitere schöne Spielplätze in Mönchengladbach mit Beschreibungen, Fotos und Bewertungen.
Mit Bewegungssensoren zur optimierten Spielfläche
Darüber soll das groß angelegte und mit EU und Landesmitteln geförderte Forschungsprojekt „public life – smart measurement“ der Hochschule Niederrhein in Kooperation mit mags Aufschluss geben.
Auf dem Spielplatz im Mönchengladbacher Stadtwald installiert die Hochschule Niederrhein eine Sensoren-Technik, die die Bewegungen und akustischen Signale der Nutzerinnen und Nutzer sowie die Wetterdaten erfasst. Mit Hilfe dieser digitalen Messtechnik, die während des Pilotprojektes über Software-Programmierung und maschinelles Lernen technisch verfeinert wird, gelingt es, Bewegungslinien der Spielplatzbesuchenden zu erstellen und sichtbar zu machen, welche Bereiche besonders gerne von den Kindern bespielt werden.
Die Datenerfassung erfolgt anonym
Das Sammeln von Daten im öffentlichen Leben ist jedoch ein sensibles Thema. Einerseits möchten Städte mehr darüber erfahren, wie Menschen sich im öffentlichen Raum bewegen und womit Kinder, beispielsweise auf einem Spielplatz, spielen. Andererseits möchten Eltern selbstverständlich nicht, dass ihre Kinder überwacht oder Bewegungsprofile von ihnen aufgezeichnet werden. Auch nicht zu Forschungszwecken und für eine gute Sache.
Die eingesetzte Sensor-Technik garantiert daher lückenlose Anonymität. Denn sie verzichtet auf eine klassische Aufzeichnung per Videokamera und somit auf eine personenbezogene Datenerhebung. Die Sensoren dieses innovativen Systems sind zwar ebenfalls optischer Art, reagieren aber lediglich auf die Veränderung der Lichtintensität. Dadurch werden nicht einzelne Personen, sondern nur deren Bewegungen erfasst.
Für den Naturspielplatz im Mönchengladbacher Stadtwald heißt das konkret: Das System erfasst, an welchen Orten sich die Kinder vermehrt bewegen, aber nicht welche Kinder es sind, die sich dort bewegen.
Erste Daten und ein neues Highlight für den Naturspielplatz
Eine mehrmonatige Messperiode der Bewegungsdaten auf dem Spielplatz zeigt deutlich, dass der untere Bereich des Spielplatzes mit der riesigen Sandfläche und der integrierten Ausgrabungsstelle am häufigsten von den Kindern bespielt wird.
Das Strauchlabyrinth im oberen Teil des Spielplatzes wird hingegen nur selten aufgesucht. Um die Spielfläche anhand der datenbasierten Erkenntnisse zu optimieren, wird nun ein zusätzliches Spielelement auf dem Spielplatz integriert – ein Wasserlauf aus blauen Hackschnitzeln. Dieser verbindet den oberen und den unteren Bereich der Spielfläche optisch auffällig miteinander und soll die Kinder dazu anregen, den Weg zum bisher weniger genutzten Strauchlabyrinth zu finden.
Die Intervention beeinflusste das Spielverhalten der Kinder
Die erneute Auswertung der Bewegungsdaten des Naturspielplatzes in Mönchengladbach zeigt nach einigen Wochen deutlich, dass der Wasserlauf aus blauen Hackschnitzeln tatsächlich zu einem veränderten Nutzungsverhalten der Kinder führt. Die Kinder bewegen sich vermehrt entlang der neuen Spielmöglichkeit und entdecken zunehmend das Strauchlabyrinth für ihr Spiel.
Und noch etwas kristallisiert sich mit Blick auf die ausgewerteten Messdaten heraus: Besonders beliebt sind auf dem Mönchengladbacher Naturspielplatz das selbständige Bauen von Tipis mit Stöcken. Das Holz war in diesem Bereich sichtbar in Bewegung und die Kinder haben immer wieder Holz aus dem Wald auf den Spielplatz getragen, um damit zu spielen. Bewegliche, naturnahe Spielmaterialien regen also offensichtlich die spielerische Kreativität der Kinder an. Wichtige Erkenntnisse, aus denen sich wertvolle Schlüsse für die Spielplatzgestaltung prinzipiell ziehen lassen.
Innovative Sensoren-Technik mit großem Zukunftspotenzial für Spielplätze
Auch wenn die digitale Messtechnik sehr kostenintensiv ist und damit der weitere Einsatz in Mönchengladbach noch nicht abschließend geklärt wurde – so hat das Forschungsprojekt doch gezeigt, dass die Sensorentechnik ganz neue Möglichkeiten für die bedürfnisorientierte Gestaltung des öffentlichen Raumes und insbesondere der Spielplätze eröffnet.
Bislang geben lediglich Beobachtungen spielender Kinder – also Momentaufnahmen – Aufschluss darüber, wie ein Spielplatz genutzt wird. Zusätzlich lassen sich durch den Grad der Abnutzung der Spielgeräte Schlüsse über deren Nutzung ziehen. Doch auch diese Erkenntnisse bleiben eher vage.
Die neue Sensorentechnologie, die im Forschungsprojekt „public life – smart measurement“ auf dem Naturspielplatz in Mönchengladbach getestet wurde, ergibt hingegen ein sehr viel realistischeres Bild der Spielplatznutzung. So besteht die berechtigte Hoffnung, dass mit Hilfe dieser neuartigen Methode in Zukunft Spielflächen noch viel stärker nach den Bedürfnissen und Vorlieben der Kinder gestaltet oder angepasst werden können. Immer im Hinterkopf behaltend, dass wir zuerst auf uns als Menschen und unsere Intuition vertrauen sollten und erst dann dem Algorithmus. Das bedeutet, dass die Erkenntnisse aus den digitalen Messungen maßgeblich in unser Handeln und in Entscheidungen einfließen, den Daten jedoch nicht blind vertraut werden sollte.
Ausführliche Informationen zum Forschungsprojekt public life – smart measurement.
Was haltet ihr vom Einsatz digitaler Technik auf Spielplätzen? Seht ihr darin eine große Chance oder seid ihr eher skeptisch? Teilt gerne eure Gedanken dazu in den Kommentaren.
Titel-Grafik: © SOUND Hochschule Niederrhein
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Hallo,
Coole Idee mit dem Spielplatz. Auch finde ich die Idee sehr interessant. Auch das mit der anonymen Bewegungserkennung finde ich interessant und zu sehen wo die Kinder/Jugendlichen am meisten aufhalten – z.B. welche Spielgeräte am beliebtesten sind.
Gruß
Sascha