Spielskulpturen waren in den 60er, 70er Jahren groß in Mode. Heute existieren davon nur noch wenige. Einige dieser oft sehr bildhaft gestalteten Spielobjekte stehen auf ostdeutschen Spielplätzen, in Kindergärten und Schulen. Sie sind von erstaunlicher Robustheit, haben einen großen individuellen Erinnerungswert und werden deshalb zunehmend unter Denkmalschutz gestellt.
Gastbeitrag des Landschaftsarchitekten Dr.-Ing. Peter Fibich, FREIRAUMKONZEPTE GbR, Bad Lausick
Seit fast 60 Jahren klettern und rutschen Kinder an diesem Elefanten im Leipziger Palmengarten. Dort steht er gemeinsam mit einem Flugzeug, das von einem abseitigen Standort in Leipzig geborgen, aufgearbeitet und in den Palmengarten versetzt wurde, mit einer Stahlkugel (als Rest einer Orbitalstation) und einer Eisenbahn – eingebettet in die neue Spiellandschaft im Palmengarten.
Entworfen von den Künstlern Johannes Peschel, Vinzenz Wanitschke und Egmar Ponndorf, sind die Beton-Elefanten zum Klettern, Rutschen und Verstecken geeignet. Die Stoßzähne und die Rutsche bestehen aus hochwertiger Bronze. In die Betonhaut sind bunte Mosaiksteine eingelegt. Geschwister des heiteren Elefanten, den man als Kunstwerk im öffentlichen Raum würdigen muss, existieren noch im Leipziger Rosental und in einem Hof am Dresdener Altmarkt.
Langlebig und gerne bespielt
Spielskulpturen dieser Art waren sehr robust gebaut: Aus hochwertigem Beton oder hart gebrannter Keramik, mitunter auch aus Naturstein, häufig aus Stahl mit beachtlichen Wandstärken. Das erklärt ihre überaus lange Lebensdauer. Und so existieren sie noch heute, obwohl sie aus den 1960er und 70er Jahren stammen. Welches unserer heutigen Spielgeräte wird so lange halten? Die Kinder beklettern und berutschen mit nicht nachlassender Freude diese Spielskulpturen, verstecken sich darin oder nehmen deren Form vielleicht zur Grundlage ihrer Rollenspiele. Und schon ihre Eltern, mitunter sogar ihre Großeltern bespielten die liebevoll gestalteten Figuren.
In den 1970er Jahren kamen Spielgeräte aus „Plaste“ und Glasfaserkunststoff („Fiberglas“) auf. In Erfurt auf dem Gelände der iga gab es seit den 1970er Jahren eine Orbitalstation aus dem zähen Material; außerdem wurden zwei Kunststoff-Elefanten aufgestellt, die noch erhalten sind und im Zuge der BUGA 2021 zu neuen Ehren gelangten.
Nilpferde und andere Tiere
Neben Elefanten wird man Nilpferde zu den Tieren zählen dürfen, die am häufigsten als Vorlage der Spielskulpturen dienten. In den Spielskulpturen schwingt eine große Fantasie der Künstlerinnen und Künstler mit, die den Sauriern und Fischen, Elefanten und Raumschiffen figürliche oder abstrahierte Formen gegeben haben.
Hier im Stadtpark Wurzen war ein drittes Mitglied der Nilpferd-Familie verloren gegangen und konnte aufgrund von Spenden in den 1990er Jahren hinzugefügt werden. Die kleinen Kinder lieben sie, obwohl man recht wenig damit machen kann.
In Leipzig und Umgebung stehen noch einige bildhafte Spielskulpturen in den öffentlichen Anlagen. Sie sprechen mit ihrer Größe und mit ihrer Formensprache eher die kleinen Kinder an. Die meisten stammen von den Künstlern Johannes Peschel, Vinzenz Wanitschke und Egmar Ponndorf, die in der „an- gewandten Kunst“ tätig waren. Auch die großen Elefanten kommen von dem Künstlerkollektiv.
Dieter Graupner schuf um 1980 dieses Fantasiewesen aus Keramik, das zwischen Pferd und Pudel changiert. Es steht bis heute am gleichen Standort, der sich aufgrund der zahlreichen Bäume jedoch grundlegend verändert hat. Auch dieses Pferd – oder ist es ein Pudel? – wurde offenbar in Serie produziert: Ein weiteres Exemplar steht in Magdeburg im Zoo.
Alte Spielskulpturen und Spielplatzsicherheit
In der Entstehungszeit galten andere Sicherheitsbestimmungen auf Spielplätzen als heute; man traute den Kindern deutlich mehr zu. Mit einigen Umbauten und Ergänzungen können die alten Spielskulpturen meist aber an die heutigen Sicherheitsbestimmungen angepasst werden. Oft müssen Geländer ergänzt oder Fangstellen beseitigt werden. So wie an dieser Spielskulptur in Form einer großen Weinbergschnecke auf dem Weinberg in Görlitz: Hier wurde eine neue Rutsche auf die Spielplastik aufgesetzt. Die Weinbergschnecken-Rutsche wurde bereits 1978 errichtet und stammt von Franz Gruß, dem „Vater“ des Saurierparks Bautzen.
Die Stadt Görlitz hat die Görlitzer Spielplätze auf Spielplatztreff eingetragen.
Leider hängt es oft vom Willen der Betreiber und Eigentümer der Spielplätze ab, ob alte Spielskulpturen erhalten bleiben. Welche Emotionen und Erinnerungen an die Relikte der Vergangenheit geknüpft sind, zeigt das Engagement entschlossener Bürgerinnen und Bürger, die sich für den Erhalt der Spielskulpturen einsetzen. So geschehen in Eisenach, wo eine Bürgerinitiative erfolgreich erkämpft hat, dass der dieser schöne Beton-Elefant in einem Wohngebiet stehen blieb und eine Sanierung erfuhr.
Dieser Beton-Elefant wurde seinerzeit ebenfalls in Serie produziert. Weitere Exemplare sind aus Plauen, Neubrandenburg und der Insel Rügen bekannt. Der Entwurf bleibt formal und funktional hinter den oben genannten „sächsischen Elefanten“ zurück, verrät aber auch die reduzierte Formensprache der Moderne.
Spielskulpturen unter Denkmalschutz
Die spektakulärsten Spielskulpturen aus Beton, die noch existieren, stehen am Ufer des Kulkwitzer Sees bei Leipzig. Der Stuckateurmeister Volkmar Günther hat sie Mitte der 1980er Jahre geschaffen. Ein Oktopus bietet gleich zwei Rutschen in seinen Fangarmen an, die Kinder lieben das Ungetüm bis heute. Ein Kugelfisch aus rötlichem Beton birgt eine Höhle im Maul und anspruchsvolle Möglichkeiten zum Klettern. Mit einem großen Salamander bilden sie ein einzigartiges Spielplatz-Ensemble, das nunmehr unter Denkmalschutz steht.
Vielerorts hat sich die Denkmalpflege der Spielskulpturen angenommen und sie als Einzelobjekte in den Denkmallisten erfasst. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch diese kleinen Objekte eine dauerhafte Erhaltung verdienen. In der Tat sind sie Relikte der Alltagskultur der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts und vermögen viel über die ästhetischen und pädagogischen Auffassungen dieser Zeit zu berichten. Und sie erzählen Geschichten, da sich persönliche Erinnerungen mit ihnen verknüpfen. Fast Jede und Jeder der heutigen Eltern- und Großelterngeneration hat an ihnen gespielt oder sie zumindest gesehen. Und so werden mir immer wieder neue Fotos und Standorte dieser Spielobjekte zugetragen, meine kleine Bildsammlung schwillt an.
Peter Fibich: Von Kletterpilzen und Rutschelefanten – Öffentliche Spielplätze in der DDR
Vielen Dank, Peter Fibich, für diese interessanten Einblicke! Wenn ihr weitere Objekte kennt, kontaktiert Peter Fibich oder tragt die Spielskulpturen direkt auf Spielplatztreff ein und macht sie so für alle sichtbar.
Titel-Foto: Elefant im Leipziger Palmengarten / © Peter Fibich, Freiraumkonzepte GbR
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