Fehlende Absperrungen, ungesicherte Steckdosen, versteckte Abzocke, verdreckte Böden, unfreundliches Personal… Das ist nicht die Regel, aber solche Indoor-Anlagen gibt es. Leider! Deshalb führte der Verband der Hallen- und Indoorspielplätze (VDH) bereits vor zwei Jahren den Ehrenkodex für Indoorspielplatz-Betreiber ein. Wir haben im Blog berichtet. Nun fragen wir Ulrich Hähnel, Pressesprecher des VDH: Was ist daraus geworden?

Herr Hähnel, seit 2014 müssen sich Ihre Verbands-Mitglieder auf den so genannten Ehrenkodex verpflichten. Was genau heißt das für die Betreiber und für die Verbraucher?

vdh-ehrenkodexHähnel: Konkret heißt das: Unsere Mitglieder verpflichten durch die Bindung an den Ehrenkodex zu jährlichen Sicherheitsprüfungen, zur Einhaltung von Hygienestandards, zu einem fairen Wettbewerb und dazu, den Besuchern eine abwechslungsreiche und kindgerechte Umgebung zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug dazu
erhalten die Betreiber von uns ein Sicherheitssiegel, das im jeweiligen Indoorspielplatz aushängt, und den Verbraucher darüber informiert, nach welchen Kriterien der Indoorspielplatz geprüft wurde und wann der letzte Sicherheits-Check stattgefunden hat. Diese Plakette verliert nach einem Jahr ihre Gültigkeit und muss wieder erneuert werden. 

Klingt nach einem vernünftigen Schritt. Dafür ernteten Sie jedoch auch Kritik aus den eigenen Reihen…

Stimmt. 25 Mitglieder drohten uns damals mit dem Austritt. Von so vielen Verweigerern waren wir zunächst überrascht und auch schockiert. Deshalb haben wir darüber extra in einer Mitgliederversammlung abstimmen lassen. Das Ergebnis fiel jedoch eindeutig aus. Fast einstimming sprachen sich die restlichen Mitglieder für die Einführung des Ehrenkodex aus. Wir trennten uns von den 25 Mitgliedern. Innerhalb der darauffolgenen zwei Jahre (2015 und 2016) konnten wir dann aber die gleiche Anzahl an neuen Mitgliedern wieder dazu gewinnen. Für manche von denen waren wir vielleicht auch durch diese Entscheidung attraktiver geworden?

VDH_Logo_transparentDen VDH gibt es seit 2004. Er vertritt rund ein Drittel aller Indoorspielplatz-Betreiber. Der Marktanteil der Mitglieder beträgt ca. 50 Prozent. Der Netzwerkgedanke ist ein wichtiger Eckpfeiler des VDH. Zwischen 70 und 100 Mitglieder kommen zweimal jährlich zu den Netzwerktreffen, auf denen, neben den Fachvorträgen, der Austausch zwischen den Mitgliedern groß geschrieben wird. Seit zwei Jahren veranstaltet der VDH auch ein großes Branchentreffen mit der Branchenmesse INTOBIA®, zu dem auch Nichtmitglieder herzlich eingeladen sind.

Müssen sich Indoorspielplätze nicht sowieso regelmäßigen Sicherheitschecks unterziehen, wie es bei öffentlichen Spielplätzen in Städten und Kommunen auch vorgeschrieben ist?

Nein, leider nicht. Und genau das ist das Problem. Der Betreiber ist aufgrund seiner Verkehrs­sicherungs­pflicht zwar grundsätzlich verantwort­lich. Das heißt, die Spielgeräte müssen den Sicherheitsanforderungen entsprechen. Ist ein Indoorspielplatz jedoch abge­nommen und eröffnet, gibt es seitens öffentlicher Behörden keinerlei Kontroll­pflicht mehr. Und gerade, wenn das Geschäft dann nicht mehr so rund läuft, die Gelder fehlen, nehmen es die Betreiber dann oft nicht mehr so genau mit der Sicherheit.

Eine riesige Auswahl an Attraktionen gibt's im Kinder Galaxie in Freiburg

Eine riesige Auswahl an Attraktionen mit VDH-Sicherheitssiegel gibt’s in der Kinder Galaxie in Freiburg. Foto: Kinder Galaxie

Kann ein Ehrenkodex, der auf ein abgegebenes Versprechen beruht, tatsächlich nötige Verbindlichkeiten schaffen?

Im Ehrenkodex sind sicherlich einige Punkte enthalten, die wir tatsächlich nicht im Einzelnen kontrollieren können, wie z. B. die Verpflichtung zum offenen und fairen Wettbewerb oder die Durchführung regelmäßiger Mitarbeiterschulungen sowie der faire Umgang mit den Mitarbeitern. Deshalb heißt es bewusst auch Ehrenkodex.

Aber die Sicherheit, die können wir sehr wohl kontrollieren. Die wird lt. unserer Vereinbarung einmal jährlich von unabhängigen Sachverständigen geprüft. Entweder von TÜV Sachverständigen der unterschiedlichen Deutschen TÜV-Organisationen. Oder von vereidigten Sachverständigen.

Diese prüfen dann nach den üblichen DIN-Normen für Spielplatz-Sicherheit, und darüber hinaus 50 zusätzliche Prüfkriterien, die wir für wichtig erachten, um unser Sicherheitssiegel zu vergeben.

Auch die TobeBox in Oberhausen trägt das VDH Sicherheitssiegel. Foto: TobeBox

Auch die große TobeBox in Oberhausen trägt das VDH-Sicherheitssiegel. Foto: TobeBox

Welche zusätzlichen Prüfkriterien sind das?

Ein Paradebeispiel: im Spielbereich für Kleinkinder sollten keine Steckdosen (z. B. von Hüpfburgen) frei zugänglich sein. Eigentlich völlig selbstverständlich, aber leider häufig nicht der Fall. Und da die DIN-Norm nicht für Indoor-, sondern für Outdoor-Spielplätze ausgelegt ist, findet man diese Prüfvorgabe dort nicht. Das heißt, jemand, der eng nur nach DIN-Norm prüft, hat im Rahmen dessen vielleicht alles richtig gemacht, aber ggf. eben doch eine wichtige Sicherheitslücke übersehen. Oder ein anderes unserer Prüfkriterien: der Auslaufbereich von Rutschen muss unten auf dem Boden farblich markiert werden, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass dort Kinder rausgeschossen kommen. Auch das Anbringen von Richtungspfeilen auf der Kart-Fahrbahn ist lt. unserer Prüfkriterien vorgeschrieben, damit Kinder sofort sehen, in welche Richtung gefahren wird und sich besser orientieren können. All diese Punkte zusammengenommen, sorgen für ein deutlich höheres Maß an Sicherheit.

Was passiert mit festgestellten Mängeln?

Der Prüfer stellt uns ein Prüfzertifikat aus und bescheinigt entweder, dass der Betrieb mangelfrei war. Oder es werden entdeckte Mängel aufgeführt, und dann kommt wieder ein Element des Ehrenkodexes ins Spiel. Im ersten Schritt muss uns der Betreiber per Ehrenerklärung bestätigen, dass er die vom Prüfer festgestellten Mängel innerhalb einer bestimmten Frist, je nach schwere der Mängel, beseitigt hat. Der Bericht vom Prüfer und die Ehrenerklärung gehen an uns. Dann bekommt der Indoorspielplatz von uns die Plakette für das Sicherheitssiegel des aktuellen Jahres. Ein Jahr später findet wieder die vorgeschriebene Sicherheitsprüfung statt und dann muss der Prüfer uns bestätigen, dass die Mängel aus dem letzten Jahr tatsächlich beseitigt wurden.

Foto: Tobewelt

TOMMYS TURBULENTE TOBEWELT bietet seinen Besuchern ebenfalls sicheren Spaß mit dem VDH-Sicherheitssiegel. Foto: Tobewelt

Gewissheit über abgestellte Mängel gibt’s also erst ein Jahr später?

Richtig. Mit einem Jahr Verzug wissen wir, ob der Betreiber die Mängel tatsächlich behoben hat. Das ist nicht optimal. Besser wäre ein echter Nachweis, zum Beispiel durch einen erneuten Sicherheitscheck vier Wochen später. Aber das ist aus Kostengründen nicht realisierbar. Das bezahlt eben keiner. Diese jährliche Prüfung, wie wir sie im Rahmen des Ehrenkodex für unsere Mitglieder vorschreiben, ist ein großer Fortschritt zu früher. Denn es gibt eben immer noch Betriebe, die gar nicht prüfen lassen. Oft war es auch früher so, dass ein Prüfer die Mängel festgestellt hat und ob die beseitigt wurden oder nicht hat niemanden interessiert. Im Folgejahr standen dann wieder die gleichen Mängel drin. Aber der Prüfer hat keine Möglichkeit einzuwirken, er kann nur feststellen, dass es immer noch Mängel gibt.

Aus Verbrauchersicht wäre es wünschenswert, wenn nicht nur Ihre Verbands-Mitglieder, sondern alle 375 Indoorspielplätze in Deutschland die Möglichkeit hätten, Ihr Sicherheitssiegel zu erhalten…

Sie haben vollkommen Recht. Unser Ziel ist nicht nur die VDH-Mitgliedsbetriebe möglichst sicher und attraktiv zu machen, sondern wir würden uns wünschen, wenn unser Engagement auf die ganze Branche positiv ausstrahlen würde. Grundsätzlich kann jeder Indoorspielplatz die Qualität und Sicherheit selbst bestimmen. Wenn weitere Indoorspielplätze diese Qualität und Sicherheit auch nach außen hin sichtbar machen möchte, dann ist er gerne im Verband willkommen und er erhält das VDH-Sicherheitssiegel.

Vielen Dank, Herr Hähnel, für das Interview. Wir freuen uns, wenn das Sicherheitssiegel dazu beiträgt, die Qualität von Indoorspielplätzen nachhaltig zu verbessern. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch Indoorspielplätze, die nicht Mitglied im VDH sind, grundsätzlich einen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard vorweisen, wenn sie regelmäßige Sicherheitskontrollen von unabhängigen Sachverständigen durchführen lassen. Erkundigt euch am besten bei eurem Besuch nach den Sicherheits-Checks und schaut euch vor Ort genau um.

 

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