Spielplätze sollen sicher sein. Keine Frage. Doch wie sicher ist sicher? Und was tun Betreiber, um die Spielplatzsicherheit zu gewährleisten? Antworten auf diese Fragen und Tipps, was auch Eltern zur Spielplatzsicherheit beitragen können, habe ich von Dietmar Hagen, Schreinermeister und Werkstattleiter bei der Stadt Köln, erfahren.  

Dietmar Hagen, 42 Jahre alt, zweifacher Vater, gibt noch mal ordentlich Schwung. Und schon saust der Seilbahnsitz mit seinem Kollegen darauf das Seil entlang. Was auf den ersten Blick wie Spaß aussieht, ist in Wirklichkeit Arbeit. Denn Dietmar Hagen überprüft, ob das Seil noch genügend Spannkraft hat.

Unser Job hält in Bewegung und jung. Man kommt sehr viel mit Kindern in Kontakt.

Dietmar Hagen

Als Werkstattleiter ist Dietmar Hagen nicht täglich auf Spielplätzen unterwegs. Vielmehr fungiert er als Schnittstelle zwischen allen Ämtern und Personen (Amt für Kinderinteressen, Sachverständige, Ingenieure, Hersteller, etc.), die sich mit dem Thema Sicherheit auf Kölner Spielplätzen befassen. Auf meine Frage, was das tollste an seinem Job sei, antwortet Hagen ohne zu zögern: „Unser Job hält in Bewegung und jung. Man kommt sehr viel mit Kindern in Kontakt. Ich freue mich, dafür sorgen zu können, dass Kinder unbesorgt spielen können. Ich gucke Spielplätze jetzt mit anderen Augen an und ich erlebe bewusst, wie unterschiedlich die Kinder mit den selben Spielgeräten umgehen. Mein Großer will mit seinen acht Jahren natürlich schon immer hoch hinaus, meine 2-jährige Tochter erkundet den Spielplatz lieber noch im Kleinen. Durch meine Arbeit habe ich einen tieferen Einblick in das Thema Spielplatzsicherheit bekommen. Das tut richtig gut.“

An diesem Tag sind wir auf dem Spielplatz Leipziger Platz verabredet und Dietmar Hagen zeigt mir die Arbeit eines Spielplatzprüfers. Gemeinsam mit seinem Kollegen gehen wir von Gerät zu Gerät und testen, ob noch alles in Ordnung ist. Mit dabei – der Koffer mit den Prüfkörpern, mit denen genaue Abstände an den Geräten gemessen und verschiedene Sicherheitschecks durchgeführt werden können.

Immer mit am Start: Der Koffer mit Prüfkörpern und Hilfsutensilien für die Spielplatz-Kontrolle. Foto: Schilling

Hier werden am Kletternetz die Halterungen der Seile überprüft, ob sich dort evtl. im Laufe der Zeit Fingerfangstellen gebildet haben. Mit einem kleinen Metallstab wird dafür ein kindlicher Finger simuliert. Damit lässt sich an Spielgeräten nach gefährlichen Stellen suchen, an denen Finger eingequetscht werden können. Entwarnung. Hier ist alles in Ordnung.

Spielplatzprüfung: Fingerfangstellen Kletternetz
Durch die ständige Nutzung gibt das Material auch mal nach. Daher wird getestet, ob sich an den Seilhalterungen Fingerfangstellen gebildet haben. Foto: Schilling

Stabilität muss sein, Verschleiß nicht!

Das Ziel unser Arbeit ist es nicht, alle Risiken auf einem Spielplatz zu beseitigen. Denn Kinder sollen ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen.

Dietmar Hagen

Wir gehen zusammen zum nächsten Gerät und ich frage Dietmar Hagen, ob ein Spielplatz denn wirklich 100-prozentig sicher sein kann. “Das Ziel unser Arbeit ist es nicht, alle Risiken auf einem Spielplatz zu beseitigen. Denn Kinder sollen ihre eigenen Erfahrungen machen, sie sollen auch mal runterfallen und sich eine Schramme holen dürfen. Selbst Knochenbrüche sind mit einkalkuliert. So steht es auch in den Sicherheitsnormen für Spielplätze.”, antwortet er.

Vielmehr ist es die Aufgabe der Sicherheitsexperten, versteckte Gefahrenquellen, wie Fäulnis an tragenden Pfosten, abreißende Teile durch Verschleiß oder scharfkantige Stellen an defekten Oberflächen, zu erkennen und zu beseitigen. So soll Unfällen mit bleibenden Schäden (z. B. abgetrennte Finger) oder sogar mit Todesfolge (z. B. durch Strangulation) vorgebeugt werden, die durch solche versteckten Gefahren ausgelöst werden könnten.

Ein Federwipptier – fast auf jedem Spielplatz zu finden – darf zum Beispiel nicht plötzlich aus seiner Verankerung reißen und dann umfallen. Dabei könnte sich ein Kind schwer verletzen. Um das zu überprüfen, lehnt sich Hagens Kollege mit seinem ganzen Körpergewicht gegen das Federtier und schaut, wie fest die Verankerung im Boden sitzt. Alles vorschriftsmäßig.

Spielplatzprüfung - stabile Verankerung
Hier wird mit viel Körpereinsatz geprüft, ob dieses Wipptier noch stabil im Boden verankert ist. Foto: Schilling

Bei der Rutsche wird nachgemessen, ob noch genügend Sand am Rutschenende liegt, der als Fallschutz für die Kinder dient. Wenn nicht, wird wieder Sand nachgeschippt. Aber auch dieses Spielgerät ist sicher.

Spielplatzcheck - Fallschutz an der Rutsche
Liegt am Ende der Rutsche noch genügend Sand als Fallschutz? Foto: Schilling

Sorgfältig werden auch die Oberflächen der Spielgeräte mit den Händen abgetastet, um zu sehen, ob hier vielleicht durch Verschleiß neue Gefahrenquellen entstanden sind. Die Wippe hat den Sicherheitscheck bestanden.

Die Oberflächen der Geräte werden auf Verschleiß (z. B. Splitter am Holzsitz) geprüft. Foto: Schilling

Wie oft muss ein Spielplatz in den Sicherheitscheck?

 Lt. der Europäischen Sicherheitsnorm für Spielplätze DIN 1176 gibt grundsätzlich: Die Spielplatz-Betreiber sind für die Verkehrssicherheit der Spielplätze zuständig. Um diese zu gewährleisten, müssen Spielplätze einmal pro Woche zur so genannten visuellen Inspektion angefahren werden. So verlangt es die DIN für Spielplätze. Zusätzlich geht jeder Spielplatz einmal im Monat durch die operative Inspektion. Der Prüfintervall kann aber auch acht oder 12 Wochen betragen, je nachdem wie intensiv der Spielplatz besucht ist und abhängig davon welche Spielgeräte auf dem Spielplatz stehen. Eine Seilbahn muss zum Beispiel öfter auf ihre Funktion überprüft werden als ein Basketballkorb. Einmal jährlich wird die besonders gründliche Hauptinspektion durchgeführt.


Bitte Kinder nicht hochheben und Helm ab!

Manchmal wird ein Spielplatz übrigens erst durch die unsachgemäße Benutzung der Geräte unsicher, erfahre ich von Dietmar Hagen. Indem Eltern in bester Absicht ihre Kinder auf Geräte heben, die für die Altersstufe aber gar nicht geeignet oder gar nicht zum Beklettern vorgesehen sind, wird es gefährlich. Sie umgehen damit versehentlich Barrieren, die bewusst von den Spielgeräte-Herstellern eingebaut worden sind. So bringen Eltern ihre Kinder in gefährliche Situationen und werden unbewusst selbst zur Gefahrenquelle für ihre eigenen Kinder.

Ein weiteres Problem: Viele Eltern denken immer noch, es ist sicherer für ihr Kind, wenn es beim Klettern den Fahrradhelm auf dem Kopf behält, um bei einem vermeintlichen Absturz geschützt zu sein. Aber das Gegenteil ist der Fall. Gerade auf den beliebten Kletterseil-Anlagen, kann diese Idee zur lebensbedrohlichen Gefahr für die Kinder werden. Nämlich dann, wenn sie beim Absturz mit dem Helm in den Seilzwischenräumen stecken bleiben und sich strangulieren.

Spielplatzcheck - Prüfkörper am Kletternetz
Mit einem Prüfkörper, der den Kopf eines Kindes simuliert, werden die Seil-Zwischenräume an der Kletterspinne überprüft. Foto: Schilling

Die Seilzwischenräume und die Prüfkörper (siehe Foto), mit denen diese kontrolliert werden, sind auf die durchschnittliche Kopfgröße von Kindern OHNE Helm ausgelegt. Deshalb gilt in jedem Fall: Helm ab auf dem Spielplatz!

Spielplatzprüfer – ein Job mit viel Verantwortung

Man muss sich schon jeden Tag bewusst machen, das ist hier kein Larifari, sondern es geht hier um die Sicherheit der Kinder“, sagt Hagen mit ernster Miene.

Dietmar Hagen

Angst, bei ihrer Arbeit etwas zu übersehen, haben Dietmar Hagen und seine Kollegen nicht. Dafür sind sie zu erfahren und zu gut ausgebildet. Alle zwei Jahre frischen die Spielplatzprüfer in Köln ihr Wissen während einer Sicherheitsschulung auf, das ist Vorschrift. Durch den Austausch mit den Kollegen aus den anderen Stadtbezirken kommt keine Routine auf und gerade bei ungewöhnlichen Mängeln kann eine zweite Meinung hilfreich sein. „So lernt man nie aus und bleibt sensibilisiert. Das ist wichtig, gerade bei der riesigen Verantwortung, die auf uns lastet. Denn man muss sich schon jeden Tag bewusst machen, das ist hier kein Larifari, sondern es geht hier um die Sicherheit der Kinder“, sagt Hagen mit ernster Miene.

Ein besonderes Augenmerk legen die Sicherheitsexperten dabei auf die tragenden Holzpfosten der Spielgeräte. Die Pfosten werden in regelmäßigen Abständen freigeschaufelt, es gibt Klopfproben am Holz, bei denen sich am Geräusch erkennen lässt, ob sich im Innern Hohlräume gebildet haben oder manchmal kommt der Resistograph (Bohrwiderstandsmessgerät) zum Einsatz, die genauste Methode, um den Zustand der Holzstämme zu überprüfen. Grundsätzlich gilt: Ein Stamm wird eher zu früh als zu spät ausgetauscht, um auf der sicheren Seite zu sein.

Damit die Spielgeräte so schnell wie möglich wieder im Einsatz sind, werden möglichst viele Reparaturen, wie Muttern festziehen, Ketten kürzen, Holzsplitter entfernen, morsche Bretter austauschen, schon vor Ort ausgeführt. Dafür sind die Prüfer-Teams (immer ein Schreiner und ein Schlosser) bei ihren Funktionskontrollen in Köln mit so genannten Werkstattwagen unterwegs, ausgestattet mit Werkzeug, wie Schweißgerät, Bohrmaschinen, Schlagschrauber etc..

Spielplatzprüfung, Werkstattwagen von innen
Mit diesem voll ausgestatteten Werkstattwagen sind die Prüfer unterwegs, um Reparaturen gleich vor Ort durchzuführen. Foto: Stadt Köln

Werden Schäden festgestellt, die nicht vor Ort zu beheben sind, montieren die Sicherheitsexperten die Teile ab (z.B. der Schaukelsitz, damit nicht mehr geschaukelt werden kann) oder sperren Geräte ab und erteilen den Auftrag für die Reparatur.

Vandalismus: Die Leute kommen mit dem Bolzenschneider

Es ist übrigens nicht der Verschleiß der Spielgeräte, der den Prüfern die größten Sorgen bereitet. Ein ganz großes Thema ist leider der Vandalismus auf Spielplätzen. Da werden ganze Edelstahlrampen geklaut, Schaukelketten abgeschnitten, Tischtennisplatten aus der Verankerung gerissen. Die Leute kommen mit dem Bolzenschneider, fahren teilweise mit richtig schwerem Werkzeug vor und lassen auf dem Spielplatz ihrer Zerstörungswut freien Lauf.

Hilflos wieder und wieder die gleichen Vandalismus-Schäden zu reparieren, ist eines der unangenehmsten Aufgaben für die Spielplatz-Prüfer: „Wenn wir alle vier Wochen immer wieder den gleichen Schaukelsitz erneuern mussten, weil die Gummiumrandung (Aufprallschutz) von Hunden zerbissen wurde, dann hängen wir die Schaukel für eine Weile ab, in der Hoffnung, dass es dann aufhört.“, sagt Dietmar Hagen leicht frustriert.

Schaukelcheck auf dem Spielplatz
Auch die Gummiumrandungen von Schaukelsitzen werden kontrolliert. Hier gibt es nichts zu beanstanden. Foto: Schilling

Die Zerstörungswut macht leider auch vor ganz neuen Geräten nicht halt. Dietmar Hagen erzählt mir von einem neuen Piratenschiff, das noch mit einem Bauzaun umgeben war. Noch bevor dieses Piratenschiff eingeweiht werden konnte, hatten die Randalierer bereits in großen Buchstaben das Wort „Weed“ (Englisch für Gras, Haschisch) eingebrannt. „So was zu sehen, macht mich schon sehr traurig. Denn es betrifft letztendlich die Kinder, die dann dort nicht mehr spielen können.“, so Dietmar Hagen.

Was dagegen tun? Grundsätzlich gute Erfahrungen hat die Stadt Köln mit ihrem Konzept der Spielplatzpaten gemacht. Das sind engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich bereit erklären, ehrenamtlich auf einem Spielplatz nach dem Rechten zu schauen, als Ansprechpartner für die Spielplatz-Besucher vor Ort zu fungieren und direkt den Verantwortlichen Bescheid zu sagen, wenn sie vor Ort gebraucht werden.

Professionelles Arbeiten ist das A und O für die Sicherheit

Wie sicher Spielplätze sind, hängt aus Hagens Sicht von zwei wesentlichen Faktoren ab: “Die Arbeitsabläufe müssen gut strukturiert sein und die Mitarbeiter regelmäßig geschult werden. Das ist die Voraussetzung, um die Sicherheit auf dem Spielplatz zu gewährleisten. Wir sind in Köln mittlerweile sehr gut aufgestellt und sind stolz auf unseren guten Ruf, den wir uns in den letzten Jahren als Spielplatz-Prüfer erarbeitet haben.”

Der Verwaltungsaufwand ist allerdings auch enorm hoch und hat in den letzten 10 bis 15 Jahren deutlich zugenommen. Einerseits erfordert professionelles Arbeiten die reibungslose Kommunikation zwischen allen beteiligten Ämtern. Denn nur so weiß die eine Hand, was die andere tut. Dringende Reparaturen werden nicht vergessen und es werden keine Geräte repariert, die eigentlich schon auf der Streichliste standen und ein paar Wochen später hätten entsorgt werden sollen. Das ist früher alles vorgekommen, heute nicht mehr, versichern mir die beiden.

Zum anderen ist es für die Absicherung der Stadt notwendig, den Sicherheitsstand eines Spielplatzes genau zu dokumentieren. Dietmar Hagen erzählt, dass die gesamte Spielplatzkontrolle belegt wird. Es gibt für jeden Spielplatz ein Kontrollblatt mit Angaben zur Lage des Platzes, Datum und Uhrzeit der Kontrolle, Name der Prüfer, Geräteausstattung, so dass die geprüften Geräte abgehakt und ggf. mit Notizen versehen werden können, welche Mängel wurden festgestellt, welche Maßnahmen ergriffen usw.

Manchmal sind kreative Lösungen gefordert

Doch nicht nur genaues Arbeiten und Dokumentieren sind entscheidend. Manchmal sind auch kreative Ideen gefragt, wie mir der Spielplatzprüfer mit einem Augenzwinkern erzählt als er die selbst entwickelten Gummischutzkappen für die Kettenglieder der Nestschaukel präsentiert. Diese werden inzwischen bei vielen Nestschaukeln montiert.

Spielplatzcheck Verschleiß
Dietmar Hagen ist stolz auf die selbst erfundenen Gummikappen als Schutz für die Kettenglieder der Nestschaukel. Foto: Schilling

Eigene Lösungen für immer wieder auftauchende Schwachstellen zu entwickeln, die die Arbeit erleichtern und die Spielgeräte sicherer machen, macht besonders viel Spaß.

Vielen Dank für diesen ausgesprochen interessanten Spielplatz-Ausflug. Beruhigend zu wissen, dass die Spielplatzkontrollen auf Kölns Spielplätzen in so guten Händen liegen und somit die Spielplatzsicherheit gewährleistet ist.